Vertikales Bügel - eine Geschichte aus dem Verkauf

Der Kollege kam mit der Kundschaft von der Reparaturannahme zu uns. Nach der Begrüssung erklärte er dem Mitarbeiter, dass sein Bügelsystem nicht mehr funktioniere und es zu alt für eine Reparatur sei. 

Mein Kollege, sechzig Jahre alt und ein langsamer Sprecher (aus welchem Kanton er ist, wird an dieser Stelle nicht verraten), erklärt die Gerätefunktionen gerne ausgiebig und detailliert. Stellt er einem Kunden ein Gerät vor, dann geht er so ins Detail, dass er sogar erklärt, wieso die Schrauben da platziert sind und nicht an einer anderen Stelle. Wenn man ihm bei einem Verkaufsgespräch zuhört und dabei die Kundschaft im Blick hat, kann man amüsiert beobachten, wie den Kunden allmählich das Gesicht einschläft. 

Seine Freundlichkeit ging so weit, dass ich manchmal befürchtete, er würde den Kunden zur Begrüssung durchs Haar fahren, sich bedanken, dass sie da sind und ihnen als Belohnung ein Leckerli ins Maul schieben. (Oft erkannte ich vor meinem inneren Auge eine gewisse Ähnlichkeit mit meinem Hund, der mich nach der Arbeit freudig und schwanzwedelnd begrüsst. Dieser Vergleich fand ich höchst amüsant und ziemlich passend). So, zurück zu der Geschichte: 

Er stellte die diversen Bügelstationen vor und die Kundin fragte, mit welchem Modell sie die Hosen und Hemden vertikal bügeln könne? «Das geht mit jedem Modell! Sowie bei ihrem alten Modell, als auch bei den Neuen.» antwortete mein Kollege. «Geht das wirklich? Nicht, dass ich zu Hause bin und das Modell diese Funktion doch nicht hat.» Erwiderte die Kundin. Daraufhin holte mein Kollege Wasser, füllte den Tank und nahm das Bügelsystem in Betrieb. 

Zuerst zeigte er ihr, wie man ein Hemd bügelt. Die Kundin schaute ihn mit grossen Augen an und meinte nur: «Ich bügle meinem Mann seit Jahren seine Hemden! Ich weiss, wie man das macht. Aber könnten sie mir erklären, wie man Hosen vertikal bügelt? Denn das weiss ich nicht.» Natürlich zeigte er ihr, wie man vertikal bügelt: «Stellen Sie sich vor, dass meine Hose an einem Kleiderbügel aufgehängt ist.» Er nahm das Bügeleisen in die Hand, drückte auf einen der Knöpfe und meinte dazu, dass immer zuerst ein Dampfstoss gemacht werden müsse, da es sonst einen Wasserfleck geben könne. Er bückte sich ein bisschen, zog an der Falte seiner Hose und setzte das Bügeleisen am Oberschenkel an. Dazu sagte er: «Normalerweise sind die Hose an einem Kleiderbügel, aber ich werde jetzt meine Hose vor ihnen nicht ausziehen, um das vorzuführen. Schauen Sie, wie einfach das geht und dann sind die Hosen faltenfrei!» Er setzte das Bügeleisen drei Zentimeter entfernt von seiner Hose am Oberschenkel an und drückte den Dampfstoss. Woran er nicht gedacht hatte, der Dampfstoss hatte drei Bar Druck! Auf einmal hörten wir ein lautes Schreien und Fluchen. Von dem drei Bar Dampfdruck, der durch seine dünne Hose schoss, hatte es ihm den Innenbereich des Oberschenkels komplett verbrannt! 

Er kam danach einen Moment lang nicht mehr zur Arbeit, da er keine Hosen mehr anziehen konnte - weder ungebügelte noch vertikal gebügelte…